Nachbericht – Bundesweiter Aktionstag „Bürgerbahn statt Größenwahn“ am 02. März 2024 – auch in Rosenheim
Schneller – Billiger – Nachhaltiger, das ist das Motto der Bürgerinitiativen im Rosenheimer Land, mit dem sie sich am deutschlandweiten Aktionstag „Bürgerbahn statt Größenwahn“ des ABBD (Aktionsbündnis Bahn Bürgerinitiativen Deutschland) beteiligt haben. Behindert wurde die Veranstaltung von der Stadt Rosenheim!
Mit ca. 1.000 Interessierten sehr gut besucht war die Kundgebung der Rosenheimer Bürgerinitiativen (BIs), bei der sich auch Politiker aus den Landes-, Bundes- und Europaparlamenten zu Wort meldeten. Vertreter der BIs stellten das Alternativkonzept zur Planung der DB vor. Musikalisch begleitet wurde die Demonstration von den Neurosenheimern. Im Vorfeld funkte die Rosenheimer Stadtverwaltung mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln dazwischen.
Den ersten Aufreger gab es bereits im Vorfeld! Die Versammlungsanzeige ging bei der Stadt am 30.01. rechtzeitig ein. Ein eingeschränkter Genehmigungsbescheid erreichte den Vorstand des Brennerdialogs jedoch erst zwei Tage vor der Kundgebung am 29.02. und zwar erst kurz vor 17 Uhr per Mail, so dass an diesem Tag niemand mehr im Amt zu erreichen war. Die Stadt verweigerte die Genehmigung des vorgesehenen Versammlungsortes „Max-Josefs-Platz“ mit fadenscheinigen Argumenten („Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“). Allein die Tatsache, dass die Bürgerinitiativen fast 4 Wochen mangels Erteilung eines Genehmigungsbescheides im Unsicheren gelassen wurden, zeugt von Missachtung des Aufwands, der hinter einer solchen Veranstaltung steckt, und widerspricht dem Gleichbehandlungsgrundsatz im Vergleich zu ähnlichen Veranstaltungen. Ein Einspruch gegen den Bescheid war dadurch zeitlich nicht mehr sinnhaft.
Über die Hintergründe dieses Verhaltens in der Stadtverwaltung kann nur spekuliert werden, aber offensichtlich trifft das Alternativkonzept der Bürgerinitiativen den politischen Nerv gehörig.
Doch auch in der Heilig-Geist-Straße, in die die Veranstaltung von der Stadt verbannt wurde, gab es regen Zuspruch von ca. 1.000 interessierten Bürgern. Sogar hinter der Rednerbühne, die vom Ordnungsamt als Abgrenzung zum Max-Josefs-Platz vorgesehen war, hatten sich die Leute versammelt, obwohl ihnen dadurch die Sicht zu den Rednern versperrt war.
Eröffnet wurde der Vortragsreigen von Lothar Thaler, Vorsitzender des Brennerdialogs Rosenheimer Land, der das Alternativkonzept der BIs vorstellte. Thaler betonte, dass auch aus Sicht der BIs die „Güter auf die Schiene“ gehören, aber mit Nutzung der vorhandenen Kapazitäten. Die BIs sind keine Verhinderer, sondern haben eigene Vorschläge. Wahnsinnsprojekte, wie sie die Bahn plant, seien heute völlig aus der Zeit gefallen.
Roland Feindor (ehemaliger Dekan der TH Rosenheim) widerlegte 9 Behauptungen der Bahn zum Alternativkonzept.
Dann kamen die Politiker zu Wort. Maria Noichl (MdEP, SPD), Artes Gürpinar (MdB, Die Linke) und Sepp Lausch (MdL, FW) haben sich klar für die Ertüchtigung der Bestandsstrecke positioniert, ebenso wie Rainer Auer vom Bund Naturschutz Rosenheim. Sebastian Friesinger (MdL, CSU) hingegen sieht Bahnplanungen als gegeben und unterstützt eine komplette Untertunnelung.
Den Blick hinüber nach Tirol gewährte der Langkampfener Hans Walk. Er berichtete, dass das Prozedere des sogenannten Brenner-Nordzulaufs in Tirol nicht so reibungslos abging und –geht, wie immer wieder berichtet wird, und mit welch katastrophalen Veränderungen und Problemen die Tiroler Bevölkerung bis heute zu kämpfen habe (insbesondere auch zum Thema Ausgleichsflächen). Die erschütterten Reaktionen beim Publikum waren nicht zu überhören.
Die Infostände der BIs wurden von der Bevölkerung regelrecht belagert. Viele Informationen sind offensichtlich trotz regelmäßiger Berichterstattung in den Medien bis zu vielen Bürgern noch nicht durchgedrungen. Die Auswirkungen eines solchen Megaprojekts auf das Erholungsgebiet Rosenheimer Land, für die Bewohner und für den Tourismus sind verheerend, das zeigen die Beispiele bei vielen Bahnprojekten in Deutschland und den benachbarten Ländern (hierzu gab der ABBD-Sprecher Christoph Ohliger einen aktuellen Bericht).
Dass der umfangreiche Schnellbahntrassen-Neubau der Bahn in Deutschland aufgrund der vorherrschenden Infrastruktur wenig Sinn macht, dazu hat sich der ehemalige Schweizer Bahnchef, Benedikt Weibel, in einem Interview im Januar 2024 klar geäußert. Nachdem es sich bei der geplanten Trasse des Brenner-Nordzulaufs um ein Neubauprojekt handelt, finanziert den Eigenanteil der Bund und nicht die Bahn. Diese Steuergelder können in der jetzigen Haushaltssituation wahrlich sinnvoller investiert werden, wie das Alternativkonzept der BIs aufzeigt.
Die Neurosenheimer forderten mit ihrer Eigenkomposition „Braucht’s des oder braucht’s des ned?“ die Besucher zum Mitmachen auf, mit dem Ergebnis des schallenden Rufes „Naa, des braucht’s ned!!“
Bildergalerie
Medienberichte
Flyer mit Alternativvariante⤓
ABBD-Pressemeldung⤓
ABBD-Bericht mit Foto-Galerie