Bundesverwaltungsgericht: Erkundungsbohrungen müssen geduldet werden
Ein Landwirt wollte die auf seinem Grundstück von der DB Netz AG vorgesehenen Erkundungsbohrungen mit Grundwassermessstelle zur Vorbereitung der Planung des Projekts Brenner-Nordzulauf nicht dulden. Das Eisenbahnbundesamt erließ daraufhin eine sofort vollziehbare Duldungsanordnung, gegen welche der Landwirt Widerspruch einlegte.
Vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) beantragte der Landwirt eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs. Er machte geltend, die Aufnahme des Projekts in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans sei ohne Nutzen-Kosten-Analyse erfolgt und verfassungswidrig. Nur bei Nachweis eines positiven Nutzen-Kosten-Verhältnisses sei es gerechtfertigt, Haushaltsmittel für Planungen einzusetzen. Zudem zeige eine Studie der italienischen Bahn, dass die Kapazität der bestehenden Gleise im bayerischen Inntal ausreiche.
Laut BVerwG erweist sich die Duldungsanordnung bei summarischer Prüfung* als rechtmäßig. Das Interesse an der Vollziehung und das Interesse der Bahn überwiege das Interesse des Antragstellers an der Aussetzung. Es bestehe auch ein besonderes Vollzugsinteresse, da es sich um ein Projekt des vordringlichen Bedarfs mit sofortiger Vollziehbarkeit der Planfeststellung handele, die auch für die Vorarbeiten gelte. Die Kritik des Antragstellers sei unbeachtlich, da sie sich auf das Vorhaben selbst beziehe, die Duldungsanordnung dagegen nur auf planvorbereitende Maßnahmen mit zudem geringer Eingriffsintensität. Diese schafften keine vollendeten Tatsachen, die ein die Gewährung vorbeugenden Rechtsschutzes rechtfertigendes qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis begründeten. Einwendungen wie die des Landwirts könnten nur in einem Rechtsschutzverfahren erhoben werden, das sich gegen den Planfeststellungsbeschluss richtet, mit dem der Neu- oder Ausbau des Brenner-Nordzulaufs genehmigt wird.
Eine Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Bedarfsfeststellung komme nur in Betracht, wenn sie evident unsachlich wäre, weil es an jeglicher Notwendigkeit für die Aufnahme in den Bedarfsplan fehle oder sich die Verhältnisse seit der Bedarfsentscheidung so grundlegend geändert hätten, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden könnte. Dies sei in Anbetracht der von der DB Netz AG vorgelegten Verkehrsentwicklungsszenarien 2050 nicht erkennbar, da — jedenfalls unter Berücksichtigung stärkerer Verlagerungen von Güterverkehren von der Straße auf die Schiene — die Kapazität der vorhandenen Schieneninfrastruktur auch bei einem ETCS-Ausbau deutlich überschritten werde. Hinzu komme, dass eine Erhöhung der Reisegeschwindigkeit im Personenverkehr einen Streckenausbau voraussetze.
*Die summarische (oberflächliche) Prüfung ist in Eilverfahren wie diesem vorgesehen, da es nur um den vorläufigen Rechtsschutz geht. Eine umfangreiche inhaltliche Beweisaufnahme mit genauer Prüfung erfolgt, sofern Anfechtungsklage erhoben wird, im anschließenden Hauptsacheverfahren.