Brenner-Südzulauf: Podiumsdiskussion am 18.11.2024 in Lauterbach
Pressemitteilung der Bürgerinitiativen im Rosenheimer Land
Was es mit dem Brenner-Südzulauf auf sich hat, konnten die Zuhörer im übervollen Dorfhaus in Lauterbach erfahren. Infos dazu gab es vom MdL Josef Lausch sowie Vertretern der hiesigen Bürgerinitiativen und Gästen aus Südtirol.
„Italien baut, Deutschland schaut“ – so werden die unterschiedlichen Baufortschritte der Brenner-Zuläufe im Süden und Norden des Brenner-Basistunnel (BBT) von Politikern und Medien gerne beschrieben. Der Planungsstand im Rosenheimer Land ist hinreichend bekannt. Aber wie sieht es im Süden, auf italienischer Seite aus? Um hier Klarheit zu gewinnen, wurde am 18.11.2024 ein Faktencheck vorgenommen, moderiert von Florian Schrei. Ziel war, die Bevölkerung faktenbasiert zu informieren.
Im Sommer haben eine CSU-Delegation um MdB Daniela Ludwig sowie eine Freie Wähler-Delegation um MdL Josef Lausch an unterschiedlichen Tagen das Südportal des Brennerbasistunnels (BBT) besichtigt. Nachdem die Eindrücke doch sehr unterschiedlich beschrieben wurden, wurde bei den Bürgerinitiativen im Rosenheimer Land die Idee geboren, eine Podiumsdiskussion mit Vertretern beider Parteien zu veranstalten, um die Eindrücke mit einem Faktencheck zu unterlegen. Damit hier nicht nur die externe Sicht aus Deutschland zu Wort kommt, wurden Vertreter von italienischen Bürgerinitiativen Brenner-Südzulauf geladen.
Zu Beginn berichtete Josef Lausch über den Besuch in Südtirol, verbunden mit erschreckenden Bildern von Ablagerungen aus den Tunnelbohrungen. Leider hat sich aus der CSU-Delegation um Daniela Ludwig niemand gefunden, der sich an der Podiumsdiskussion beteiligt hat.
MdL Sepp Lausch (links) mit Moderator Florian Schrei
Anschließend trugen Thomas Unger (Vorstand des Bürgerforums Inntal e. V.) und Professor Roland Feindor Auslastungszahlen auf den bestehenden Gleisen im Süden des BBT sowie die Planungsstände der einzelnen Bauabschnitte vor.
Thomas Unger (1. Vorsitzender des Bürgerforums Inntal) bei der Präsentation
Im Resümee ergab sich, dass sich die Planungen für einen Großteil der sogenannten Südzulaufstrecke noch im Anfangsstadium befinden und zudem häufig vollkommen veraltet sind. Auch wurde zwischen dem Südportal des BBT und Verona aus den unterschiedlichsten Gründen bisher noch kein einziger Meter von 167 geplanten Tunnel-Kilometern gebohrt. Teile des 189 km langen Südzulaufs von Franzensfeste bis Verona bleiben ohnehin dauerhaft zweigleisig. Die prognostizierten Zugzahlen im Süden des BBT passen meist nicht mit denen im Norden zusammen, geschweige denn mit den geplanten Transitmengen durch den BBT. Selbst wenn die Schätzungen im Süden erreicht werden sollten, kann lt. Unger und Feindor die Bestandstrecke im Rosenheimer Land diese Zugzahlen abdecken. Das Problem ist lt. Unger, dass die Zahlen zum Projekt für den Südzulauf nur schwer zu ermitteln sind, da sie im Wesentlichen nicht oder nur kurzzeitig veröffentlicht werden.
Die Gäste aus Südtirol, Marlene Roner (Architektin) und Claudio Campedelli (Umweltaktivist), haben die Angaben ihrer Rosenheimer Kollegen bestätigt. Weiter berichteten sie von den Schwierigkeiten der Bevölkerung, Informationen von Behörden und Bahnverantwortlichen zu bekommen. In Südtirol und dem Trentino gibt es erheblichen Widerstand der Bürgerinitiativen und auch Klagen gegen die Neubaustrecke, auch wenn dies von verschiedenen Seiten anders behauptet wird. Rechtliche Schritte in Revision sind aufgrund des Autonomiestandes Südtirols nahezu ausgeschlossen. Im Norden von Trient ist der Bau wegen der erheblichen Umweltprobleme von der Staatsanwaltschaft eingestellt.
von links: Florian Schrei, Claudio Campedelli, Marlene Roner, Thomas Unger, Prof. Roland Feindor
Jakob Opperer von der gastgebenden BI Bürgerinteressen Rohrdorf fasste die wesentlichen Punkte am Ende der Veranstaltung zusammen:
- Der Brennerbasistunnel ist wegen der dann möglichen höheren Tonnagen pro Zug und wegen erheblich kürzerer Fahrzeiten ein Gewinn.
- Die Fortschritte beim Bau des Brennerbasistunnels können nicht auf den Brennersüdzulauf 1:1 übertragen werden.
- Es ist utopisch, dass der Brennersüdzulauf bei der Eröffnung des Brennerbasistunnels weitgehend 4-gleisig ausgebaut sein wird. Einige Streckenabschnitte werden sogar auf Dauer 2-gleisig bleiben.
- Die Finanzierung des Brennersüdzulaufs ist selbst bei den unglaublich niedrigen Kostenansätzen nicht gesichert.
- Die geplanten Kapazitäten des Brennersüdzulaufs können auf den Bestandsgleisen des Brennernordzulaufs zwischen Grafing und Kufstein bewältigt werden.
Die Besucher der Veranstaltung konnten sich aufgrund des Faktenchecks nun selbst ein konkretes Bild machen zu den Aussagen aus Medien und Politik.
Helmut Enzinger